10.5.24

Recht haben, oder doch nicht?

 


 


In jungen Jahren war ich fest davon überzeugt, immer Recht zu haben. Es war sozusagen meine zweite Natur, und ich fühlte mich wohl in dieser Rolle. Heute weiß ich es besser und es freut mich tatsächlich, zugeben zu können, nicht immer Recht zu haben!

Es ist gar nicht so einfach, diese Erkenntnis zu akzeptieren, das steht fest. Ich beanspruche nicht mehr, immer Recht zu haben. Ich zweifle an dem, was ich glaube, und bin mir meiner eigenen Ideen nicht immer sicher. Ich bin auch bereit, mich überzeugen zu lassen.

Es geht nicht darum, Recht oder Unrecht zu haben, es geht nicht um Stolz oder darum, zu sehen, wer am längeren Hebel sitzt, obwohl manche Menschen nur darauf aus sind, über anderen zu stehen.

Und um dieses Ziel zu erreichen, greifen sie sogar zu kindischen Mitteln. Strategien wie lautes Schreien oder das Verspotten von Personen, die anderer Meinung sind, scheinen für manche das Nonplusultra zu sein!

Ich habe kein Problem damit, jemandem zuzustimmen, der solche Methoden schätzt, wenn es ihn glücklich macht, auch wenn er später nicht weiss, wohin damit. Es kostet nichts, einem Narren zu gefallen und so zu vermeiden, in einem sinnlosen Streit verwickelt zu werden.

Es bringt nichts, ständig Recht zu haben, es ist ein dummer Fetisch, den manche wie Trophäen aus einem Machtkampf tragen, und ihn zu leugnen ist, als würde man einem Kind Süssigkeiten wegnehmen. Niemand muss mir beweisen, wenn ich Recht habe, ich misstraue denen, die es versuchen. Ich bevorzuge ein gutes Gegenargument, das mich zum Nachdenken anregt, anstatt herablassende Unterstützung.

Seit ich mir keine Gedanken mehr darüber mache, ob ich Recht habe, ist mir klar geworden, dass ich viel glücklicher bin! Ich bin nicht mehr verunsichert, wenn andere anders denken als ich, und ich bin auch nicht frustriert, wenn sie das Offensichtliche nicht erkennen können. Ich bin zufrieden damit, zu tun, was ich für richtig halte, auch wenn ich manchmal Unrecht habe. Obwohl ich mich dabei natürlich auch irren könnte, oder?

 

9.5.24

News oder tägliche Nachrichten

 

















 

Wer weiß es nicht - die Liste der instabilen Länder auf unserer Erde ist lang;  

Ägypten, Afghanistan, Nordkorea, Israel, Iran, Irak, Katar, Palästina, Pakistan, Russland, Saudi-Arabien, Ukraine, Sudan,Taiwan, Kolumbien, Venezuela.

Meine Erinnerung reicht nicht aus, um alle aufzuzählen. Es ist nur eine grobe Skizze der Weltkarte, auf der alle fragilen Länder in roter Farbe markiert sind. Die Welt scheint zu brodeln, als stünde sie in Flammen. Die Köche, die das Menü vorbereiten, wählen sorgfältig die Zutaten aus, um die Geschmäcker ihrer Zwangsgäste zu befriedigen.

Beim Lesen der Zeitung habe ich das Gefühl, dass der Globus in einem Schnellkochtopf auf dem Herd steht und die Temperatur kontinuierlich steigt.

Von den 195 Ländern auf der Erde sind nur 66 Demokratien - kaum zu glauben, nicht wahr? Aber dennoch wahre Tatsache.

Hier bei uns läuft noch alles relativ normal, oder? Die Geburtenrate in Deutschland erreicht zwar ein historisches Tief, nun, das ist ein Fakt, der zum Nachdenken anregt. Aber die Schlagzeilen in den Medien: Das sind die täglichen Schreckensnachrichten aus den unzähligen Kriegsgebieten und dem üblichen nationalen parteipolitischen Gerangel.

Manchmal erinnere ich mich vage an die 80er Jahre, an den Kalten Krieg - ist das die Zukunft? Es fehlt mir sogar die Lust zu lächeln. Die Menschheit ist eine ständige Bedrohung für sich selbst, aber auch ihre einzige Hoffnung.

Gott wird hier nicht erwähnt, obwohl er aus einer bestimmten Perspektive bestimmt sehr vermisst wird.

 

 

7.5.24

8.Mai 1945 und die weiteren Tage

 


 










Flüchtlinge - Elend und Verzweiflung unserer Zeiten! Zu allen Zeiten wurden die Menschen durch Ereignisse wie Krieg, Hungersnöte oder Wetterkatastrophen aus ihrer Heimat, ihrem angestammten Wohnsitz vertrieben. Das war schon in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges so. und später in den zahllosen Kriegen, die diese Menschheit über sich selbst brachte.

       So war es auch zu jener Zeit, 1945, als die grösste Katastrophe unseres Landes beendet werden konnte. Wenige Wochen vorher wurden noch Tausende von Zivilisten durch anglo-amerikanische Fliegerangriffe getötet! Es ist keine Erfindung der Neuzeit!
Ich erinnere mich an diese Zeit vor genau 79 Jahren so, als wäre es gestern gewesen!

Vergessen lassen solche dramatischen Zustände sich wahrscheinlich niemals. Damals strömten 14 Millionen »Rucksackdeutsche, Polacken und verlaustes Gesindel« aus den abgetrennten deutschen Gebieten in den Rest des Landes. Diese Menschen wurden im Westen zwar aufgenommen, aber niemals wirklich willkommen geheissen. Viele hätten sie am liebsten sofort zurückgeschickt.

       Im Jahr 1945 mussten auch wir unsere Heimat verlassen, nicht aus freien Stücken, und nur mit dem Nötigsten im Gepäck. Meine kleine Familie hatte nur das, was sie am Leib trug, dazu drei Löffel, ein Handtuch und ein Stück Seife. Das war der bescheidene Beginn eines neuen Lebens, das heute oft als "Neuanfang" bezeichnet wird.

      Leider herrscht immer noch weitgehende Unkenntnis über die Bedeutung und das Ausmass dessen, was sich nach 1945 ereignet hat. Es fehlt auch das Bewusstsein dafür, welchen Platz diese Erfahrungen in unserem kollektiven Gedächtnis einnehmen sollten.       Man fragt sich manchmal, wo die Erlebnisse der Menschen von damals geblieben sind. Finden sie Eingang in Schulbücher? Vielleicht in Romanen, geschrieben von Menschen, die die damaligen Dramen nur vom Hörensagen kennen? Doch all das kann nur eine oberflächliche Darstellung dessen sein, was damals wirklich geschah. Ignoranz und Feindseligkeit waren nur ein Teil des Leids, dem die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge damals ausgesetzt waren. Woher kam diese Ablehnung?

   Die Gesellschaft der Nachkriegszeit war eine »Zusammenbruchgesellschaft«. Das Einzige, was die Menschen einte, war die Erfahrung einer totalen Niederlage. Die Bereitschaft, denen zu helfen, denen es noch schlechter ging, war daher sehr gering. Nicht zu vergessen, dass zwölf Jahre Nazi-Propaganda ihre Spuren hinterlassen hatten. Die Menschen waren immer wieder mit dem Negativbild des »slawischen Untermenschen« aus dem Osten konfrontiert worden.

    Diese Vorstellungen verschwanden ja nicht einfach nach Kriegsende! Im Jahr 1946 äusserte der Landrat von Flensburg: »Der Niederdeutsche sei gegen die Mulattenzucht, die der Ostpreusse nun einmal im Völkergemisch betrieben hat.«

       Es ist offensichtlich, dass die Flüchtlinge auch nach dem Zweiten Weltkrieg Opfer der Naziideologie wurden. Es herrschte zweifellos ein handfester Rassismus! Die Aufnahme der Flüchtlinge verlief nirgendwo reibungslos, selbst wenn es sich um Deutsche handelte. Für die Einheimischen fühlte es sich gefühlsmässig wirklich anders an.

       Die Flüchtlinge und Vertriebenen kamen oft aus Lagern, hatten Gewalt erlebt und waren in einem erbärmlichen Zustand, als sie ankamen. Damit entsprachen sie vielfach dem Klischee, das der einheimischen Bevölkerung früher vermittelt worden war. Fremdenfeindlichkeit war definitiv vorhanden.

     Erinnert uns das nicht an viele Ereignisse jüngerer Vergangenheit? Zum Beispiel ein Herr Fischbacher, Mitbegründer der Bayern-Partei, der Ostermontag 1947 in Traunstein erklärte: »Flüchtlinge müssen hinausgeworfen werden, und die Bauern müssen dabei tatkräftig mithelfen.« Er bezeichnete es als »Blutschande«, wenn ein »Bauernsohn eine norddeutsche Blondine heiratet«!

     Solche hässlichen Äusserungen fanden sich auch in der Redaktion des »Spiegels«, dessen erste Ausgabe gerade erschienen war. Leider blieb diese Hassrede kein Einzelfall. Landtagspräsident Michael Horlacher, Mitbegründer der CSU, betonte, dass Bayern den Bayern gehören müsse. Andreas Schachner von der Bayernpartei beschwerte sich darüber, dass sich so viele Fremde an den bayerischen Futterkrippen bedienten, »dass Pogrome nötig wären, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen«.

       Es mag so aussehen, als würde ich hier nur negative Beispiele anführen wollen, aber mein Ziel ist es, zu verdeutlichen, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht nur ein Phänomen unserer Zeit sind, sondern schon immer präsent waren. Unsere »Geschwister« aus den neuen Bundesländern wissen davon ein Lied zu singen. Zum Glück ist es heute nicht mehr so offensichtlich wie 1945, als Schilder mit der Aufschrift »Flüchtlinge unerwünscht« an den Strassen standen.

Es ist nun mal so: »Willkommen« gilt immer nur für eine relativ kurze Zeit, dann schlägt die Stimmung oft genau in die entgegengesetzte Richtung um.

 

6.5.24

Der Fremde

 

Eine Kurzgeschichte von H.C.G.Lux

 










»Guten Abend!« Richard schreckt aus seinen Gedanken auf, hatte sich doch regelrecht in diesen regnerischen dunklen Abend verkrochen und wartete auf das Ende dieser nassen Tagesepisode. Die sonore Stimme eines Mannes reisst ihn urplötzlich aus seinem Wachtraum. Wie? Was? Woher kam der Mann plötzlich? Meint er etwa ihn? Er schaut mit seinen dunklen Augen prüfend zu ihm herüber. Sein auffallend eleganter Mantel passt irgendwie nicht in diese Straße, gehört einfach nicht in diese graue Welt, deren Farben der Sonnenuntergang mit sich genommen hat. 

   Er schaut zu dem Fremden hinüber, der auch unter dem kleinen Vorbau des Hauses Schutz vor dem Regen gesucht hat. Nickt ihm dann zu, stumm und fast regungslos,

  Ein blauer Linienbus schleicht fast unhörbar heran und bleibt in der Haltebucht stehen, misstrauisch blickt der Fahrer durch die schmutzverschmierten Scheiben herüber. Niemand steigt aus. Mit leisem Surren fährt der Elektrobus wieder an. Der Fremde hat sich inzwischen in die überdachte Eingangstür der Herrenboutique gestellt. Durch das Eck-Schaufenster erkennt Richie, dass er seinen Mantelkragen hochstellt. Wartet der nun auf einen anderen Bus?

  Währenddessen prasselt der Regen unaufhörlich auf das Pflaster des Gehwegs, spritzt an den Hauswänden hoch und überzieht staubgepaart das Ganze mit einem Schleier. Richie drückt sich dicht an das Schaufenster dieses Ladens, der schmale Überstand gibt ihm wenig Schutz, kann auch nicht verhindern, dass Schuhe und Hose triefend nass sind. Seine Blicke verlieren sich im dichten Grau des nächtlichen Regens, Laternen spiegeln sich im Nass der Straße, der Regen wirft winzig kleine Fontänen vom Asphalt zurück.

  Fröstelnd versucht er sich in seine dünne Jacke zu verkriechen. Unangenehm, dieses nasse und kalte Märzwetter. Besonders für einen Menschen, der kein Zuhause hat und nicht weiß, wo er diese Nacht verbringen soll. Todmüde, könnte er vor Müdigkeit umfallen.

    »Kommt der 32er noch?« Der Fremde schreit die Worte fast zu ihm herüber. Richie fährt zusammen, hatte den Mann schon nicht mehr beachtet. Zuckt dann mit den Achseln; er weiß noch nicht einmal, ob dieses unsichere Zeichen in dem Zwielicht überhaupt sichtbar ist.

       Er überlegt. Der 32er Linienbus? Der fährt hier überhaupt nicht, hat hier in diesem Stadtteil nie gefahren, ja, er weiß mit Gewissheit, dass es in der ganzen Stadt überhaupt keine 32er Linie gibt! Schon sehr seltsam. Der Mann im Trenchcoat schaut auf seine Armbanduhr.

     Richies Blick wird starr. Wie er erkennen kann, ist da gar keine Uhr, der blickt nur auf seinen Unterarm! »Ist schon fast Mitternacht«, meint der Mann danach, »wo bleibt denn nur der Bus?« Da Ritchie den Fremden nun doch etwas intensiver ansieht, erkennt er, dass der doch nicht so jung ist, wie er vorher schien! Ihm fällt ein steinaltes Gesicht auf, mit modernem Hut, eingerahmt von Schal und dem modernen Trenchcoat. Wieso hatte er diese ledernen Falten seines Antlitzes vorhin nicht bemerkt?

    Der Mann schaut ihn nun voll an. Seinem Blick auszuweichen scheint fast unmöglich. Ein Schauer läuft Richie über den ganzen Körper; trotz der unangenehmen Kälte des Abends wird ihm unwirklich heiß! Was geschieht hier? Woher kommt dieses Gefühl unangenehmer Vertrautheit zu diesem Menschen? Er bemüht sich, in eine andere Richtung zu sehen, rollt seinen Kopf hin und her, um einer Verspannung der Halsmuskeln vorzubeugen. Irgendwo bellt aufgeregt ein Hund. Er mag es nicht, wenn Hunde nachts bellen. 

    »Haben Sie Feuer?« fragt der Mann. Hat nun ein Zigarettenetui in der Hand, lässt es einladend aufspringen. »Nein«! Die Stimme Richards klingt rau, bleibt fast im Halse stecken, »bin Nichtraucher.« Es sind seine ersten Worte, die heute Abend aus seinem Munde kommen. »Naja, ist ja auch gesünder«, meint der Andere dann mit einem kurzen Blick zu ihm, dann lacht er trocken auf, lässt das Etui wieder verschwinden, schaut wieder auf seine nicht vorhandene Armbanduhr!

  Der Regen fällt mit einer Intensität, wie Richie es lange nicht mehr erlebt hat, es erscheint jedenfalls so. Ihm ist elend zu Mute, er friert, ist durchnässt, todmüde und möchte eigentlich schlafen, unentwegt nur schlafen. Angestrengt überlegt er, wo er einigermaßen trocken unterschlüpfen könnte, ihm fällt ein, dass hier irgendwo in dieser Gegend eine Kleingartenkolonie sein müsste. Da könnte sich doch ein geschütztes Plätzchen finden lassen? Aber bis dorthin wäre er total durchnässt, wie zum Teufel, trocknet das dann wieder?

  Richie schaut den Mann gegenüber an. Der hat es gut, irgendwo steht für ihn ein warmes Bett, eine schmackhafte Mahlzeit, vielleicht ein Mensch, der sich Sorgen macht, der auf ihn wartet. Und wieder fragt er sich, was dieser Mann hier treibt. Warum er hier in dieser kalten regnerischen Nacht an einer Bushaltestelle steht und auf einen Bus wartet, der hier gar nicht fährt? »Kann ich Ihnen behilflich sein?«  Richie schreckt aus seinen Gedanken auf, sieht den Frager verständnislos an. »Es sieht so aus, als wenn Sie meine Hilfe brauchen«, meint der Fremde dann, »ich kann sicher etwas für Sie tun!«

    »Für mich tun? Sie?« Er ringt sich ein kurzes Lachen ab. Ein bitteres Lachen, tief aus der Seele heraus, aus einem Untergrund, der verschüttet ist. »Ganz gewiss nicht Sie! Sie sollten mich in Ruhe lassen.«

    Indem er sich um die Ecke des Schaufensters beugt, schaut der Mann ihn prüfend an, sagt er dann eindringlich: »Da bin ich mir nicht so sicher! Meine Möglichkeiten sind unendlich - und meine Beziehungen reichen sehr weit!«

    








Er zieht eine Visitenkarte aus seiner Manteltasche und reicht sie dem jungen Mann mit gestrecktem Arm herüber. Mit klammen Fingern ergreift der die Karte, versucht im Halblicht der Schaufensterbeleuchtung den Namen zu entziffern: 

»Lucas- Beratungsdienste«, steht dort, dann noch: »Your time is limited!«¹

      Das steht dort in silbernen Schriftzügen. Beratungsdienst? Welcher Art - was ist das? Ein Service, der sich nachts an Bushaltestellen herumtreibt und vagabundierende Menschen anspricht? Der auf ihn, auf den Gesichtslosen, den vom Leben Geprügelten wartet?

  Der Regen prasselt weiter auf das Pflaster der Straße. »Trotzdem werde ich jetzt fortgehen«, denkt Richie, »Die Sache nimmt beklemmende Ausmaße an. Ich habe es nicht so gern, wenn ich eine Sachlage nicht überschauen kann, das schafft in mir stets ein ungutes Gefühl, erzeugt einen Ring um die Brust, der mir den Atem nimmt«.

    Als ahne der Fremde seine Gedanken, lächelt er ihn in einer Weise an, die Richie richtiggehend aggressiv macht, als er ihm dann noch einladend zunickt und dies noch mit einer Bewegung seiner Hände unterstreicht, explodiert er! Mit unnatürlich lauten Worten, die aus seinem tiefsten Inneren hervorbrechen, versucht er ihm klarzumachen, dass er seine wie auch immer geartete Hilfe nicht haben will: »Las-sen- Sie -mich- in- Ru-he! Ich- brau-che- Sie- nicht!« Darauf antwortet der Andere nicht mehr.

  Richie schlägt seine durchnässte Jacke enger um sich, ergreift den am Boden stehenden feuchten Rucksack und rennt wie gehetzt über die Straße. Kein Blick mehr zurück, nein, der soll nicht denken, dass er Furcht vor ihm hätte. Er hat keine Angst, er hat bestimmt keine Angst, wäre auch stark genug gewesen, um es mit ihm aufzunehmen! Der Fremde ruft Richie etwas hinterher, es klingt ähnlich wie:  »Your time is limited!«
    Der Regen peitscht Richard ins Gesicht, und weil er mit diesen Auswirkungen des Unwetters zu kämpfen hat, nimmt er ihm auch noch das Denken ab. Er hat vollauf damit zu tun, die böigen Wassergüsse von seinem Gesicht fernzuhalten. Nachdem er in der Dunkelheit mitten in eine gewaltige Pfütze tritt, steht er urplötzlich vor dem Tor der Kleingartenanlage. Glücklicherweise ist es nicht verschlossen.

    In der Dunkelheit tastet er sich an der Hecke des Wegs entlang, findet ein niedriges Gartentor und klettert mühsam darüber hinweg, irgendwelche Steinplatten weisen den Weg zu einer Laube im hinteren Teil des Gartens. Es riecht stark nach Zwiebeln, nach reifem Grünkohl und nach feuchter Erde.

     Die Gartenlaube erscheint ihm größer, als sie von weitem schien. Die beiden vorderen Fenster sind mit Läden gesichert, zur dazwischen liegenden Tür führen zwei Stufen hinauf, vorsichtig betritt er diese nassen, schlüpfrigen Holzbohlen. Tastet sich dann vorwärts und ist dann bass erstaunt! Die Tür ist nicht verschlossen! Die Tür zur Laube ist nur angelehnt, das war sicher nicht zu erwarten, ganz gewiss nicht.

     Richie hatte vor, sich unter dem Vorbau ein wenig vor dem Regen zu schützen. Nun aber kann er doch bis zum Morgen ein wenig Trockenheit genießen. Ein winziges Stückchen Glücksgefühl durchströmt sein Herz. Wie wenig ist doch zum Glück nötig, wenn man am Rande der Gesellschaft lebt!

    Mit einem beglückenden Gefühl betritt er den dunklen Raum der Gartenlaube, schließt die Tür hinter sich, um etwas Wärme zu spüren. Er sieht fast nichts, tastet sich weiter in den Raum hinein. Stösst an einen Stuhl, der polternd umfällt, dann ertastet er einen runden Gartentisch, legt seinen Rucksack ab, hebt den umgestürzten Stuhl auf und lässt sich mit einem tiefen Seufzer nieder. Springt im gleichen Augenblick wieder auf, als eine bekannte Stimme im Hintergrund sagt:

»Hallo, your time is limited!«

 (¹Deine Zeit ist begrenzt....)

Meine Zeit I.

    Während ich vor einigen Jahren in diesen Teil meines Heimatlandes, in das schöne Ostfriesland, zurückkehrte, verlor ich irgendwann mei...