Oder sollte es ein Irrtum sein?
Kaleidoskop
In der eigenen Welt
30.3.23
29.3.23
Schlagworte
Schlagwörter prägen oft unser Leben. Ich las gestern irgendwo: »Man kann nicht alles haben. Aber man kann es ja mal versuchen.« Ist dies nicht ausreichend als Lebensziel? Na ja, nicht immer findet man das richtige Detail für einen Slogan. Fangen wir doch mal an, das Ganze auseinander zu nehmen.
Man kann nicht alles haben. Eine Binsenweisheit, natürlich. Wer will - oder muss - schon alles haben? Alles zu haben ist immer ein Zeichen für ein unersättliches Verlangen, das stets nach »mehr« schreit. Es ist oftmals eine Vorstufe zur Sucht! Dieses Verlangen jedoch hat einen destruktiven Touch in der Wertung der Allgemeinheit. Meines Erachtens nach geht hiervon ein ungemein starker Effekt der Ichbezogenheit aus, der die Egozentrik stets in den Vordergrund stellt!
Alles haben, alles besitzen, stets der Tonangebende zu sein, kann das das Ziel eines Lebens sein? Im gleichen Augenblick ergreift doch die Gier nach mehr, das »Wollen« zur Macht, in welcher Form auch immer, die Oberhand. Bei dem Gedanken, dass eine riesige Anzahl der heute bestimmenden Menschen genau diesem Trieb folgt, schüttelt es mich. Ist das nicht eine inhumane Vorstellung höchster Stufe? Leider sind diese Tatsachen in der heutigen Zeit keine Märchen mehr, die von Großmüttern ihren Enkeln erzählt werden nach dem Schema »Es war einmal ein ...«.
Realität bleibt stets bestehende Tatsache, mag man es drehen, wie man will. Dabei sind wir auch schon beim zweiten Teil des Schlagworts! »man kann es ja mal versuchen!« Was versuchen wir nicht alles, um hinter die Glasscheibe der Vernunft zu schauen? Und das alte Sprichwort »Versuch macht klug« wird immer noch wieder gebraucht, weil ja manchmal tatsächlich ein Erfolg sichtbar wird. Leider meist auf Kosten anderer Menschen. Denn wo Versuche stattfinden, und wo probiert wird um Erfolg zu haben, zahlen meist diese Anderen die Zeche. Bewusst, unbewusst - was ändert sich dadurch?
Zu einem technischen Ablauf sind tatsächlich viele Versuche notwendig, klare und auch wichtige Abläufe. Im zwischenmenschlichen Bereich hat so etwas generell nichts verloren! Will man vielleicht versuchen, Liebe, Hilfsbereitschaft, Freundschaft zu erzwingen? Oder versuchen wollen, menschlich zu sein? »Man kann es ja mal versuchen - wenn es nichts wird, schadet es ja auch nichts!«
Dieser Schaden, den es ja »nicht geben soll«, reicht für das ganze Leben, prägt uns vom Kindesalter an, Bereits als Baby nehmen wir ständig alles auf, was uns nützt. Leider aber auch alles, was uns schadet! Jeder Kinderpsychologe wird das bestätigen. Belassen wir es doch bei dem ersten Teil des Schlagworts: »Man kann nicht alles haben!« Dann bleibt auch die Humanität nicht auf der Strecke.
28.3.23
Was ist Wahrheit?
a) Wahrheit = Zu sagen, wie es wirklich ist!
b) Wahrheit = Was mit der Realität übereinstimmt!
c) Wahrheit = Was zu ihrem Sinn passt!
In den ersten Jahrhunderten war es für die Kirche angenehm zu glauben, dass Pilatus den Galiläer Jesus nicht hätte verurteilen dürfen und dass er das auch selbst erkannt hatte. Die Geschichte wurde wieder einmal verletzt, wie schon vorher so oft. Wer eigentlich glaubt daran, dass es Wahrheit in der Weltgeschichte gäbe, wenn die Ereignisse jeweils ein Jahrhundert danach aufgezeichnet würden?
Was also ist Wahrheit? Was ist Lüge? Pilatus hat Jesus verurteilt. Das Zitat zu diesem Fakt stammt von einem antiken Geschichtsschreiber, in dem sowohl Richter als auch Verurteilter zu finden sind, es stammt von Tacitus. Er schreibt etwa 70 Jahre später über die Christen, denen Kaiser Nero angeblich den Brand Roms in die Schuhe geschoben hatte: »Der, von dem dieser Name ausgegangen, Christus, war unter der Regierung des Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden …«
So kehren sich die Verhältnisse im historischen Gedächtnis um. Denn während die Anhänger Christi das römische Weltreich – und später die halbe Welt – erobern, bleibt für den Statthalter kaum mehr als die Rolle einer Fußnote, die diese Lebenszeit eines Religionsstifters enthält. Nichts bleibt von ihm übrig, er wird 37 n.Ch. nach Gallien versetzt und stirbt dort als Randfigur der Geschichte. Wir sollten daher nicht fragen, ob die Wahrheit bereits von dem Mann infrage gestellt wird, der diese bedeutungslose Frage gestellt hat:
»Quid est veritas?«
Es geht doch weiter und weiter mit Wahrheit oder Nichtwahrheit. Zu lügen oder nicht die Wahrheit zu sagen, um jemanden nicht zu verletzen, oder eine Realität zu verstecken, ist etwas, was wir alle schon einmal in unserem Leben getan haben. Wir wollen uns da doch nichts vormachen. Wir fürchten uns davor, anderen wehzutun. Wir schämen uns vielleicht davor, was andere von uns denken könnten und wir weigern uns, unsere Gefühle zu zeigen. Aber wenn wir nicht die Wahrheit sagen oder auch nur die Hälfte versteckt halten, dann bewirkt das doch etwas in uns. Es erinnert uns daran, dass wir nicht ehrlich mit uns selbst sind! Wir spüren genau, dass dies falsch ist. Vielleicht ist es genauso verwerflich, zu lügen, wie nur die halbe Wahrheit zu sagen? Manchmal verbergen wir unsere Altersangabe, warum eigentlich? Wir verstecken unsere Gefühle, verbergen wichtige Dinge, von denen wir glauben, dass sie nur uns etwas angingen. Dieser Beweggrund kann uns jedoch schnell in eine fremde Realität versetzen. Er kann uns zu jemand anderem werden lassen, als der oder die wir wirklich sind!
Ehrlichkeit ist eine der fundamentalsten Eigenschaften, die nötig sind, um mit anderen Menschen positiv zu interagieren. Es ist unabdingbar für uns, darauf zu achten und sie zu respektieren, damit sie uns in all unseren Taten und Worten begleitet. Bitte, nicht vergessen: Unwahrheit entsteht meist durch Angst, es ist eine Emotion, die uns vor vermeintlicher Gefahr beschützen kann. Aber so wie jede andere Emotion können wir sie auch kontrollieren! Neurowissenschaftler haben sich die Frage gestellt, ob Angst ein einfacher Mechanismus der Verteidigung gegen psychosoziale Gefahren ist, der uns dazu bringt, die Tatsachen mit Gewalt zu vergessen oder zu verstecken, von denen wir aber wissen, dass sie wahr sind.
Die Wahrheit zu sagen ist tatsächlich manchmal eine Tat, die großen Mut erfordert. Es heißt, direkt aus dem Herzen heraus sprechen und das zu sagen, was wir wirklich denken. Wir verstecken uns dabei nicht hinter einem falschen Schein. Mutig zu sein heisst, in jemandes Augen zu schauen und ihm zu sagen, dass wir ihn lieben, oder dass wir ihn nicht mehr lieben. Es heisst dafür zu sorgen, dass unsere Seele und unser Herz durch Worte, die aus unserem tiefsten Inneren kommen, im Einklang sind.
Die Wahrheit wird sowohl von Lügen
als auch von Stille gestört. (-Cicero-)
Wenn wir die Wahrheit sagen, dann stehen wir irgendwie nackt vor anderen da. Wir zeigen uns so, wie wir wirklich sind. Das aber kann uns Angst machen. Und deshalb kommt dann die Lüge ins Spiel. Warum bitten wir nicht um Verzeihung, wenn wir etwas falsch gemacht haben? Was hindert uns daran, dann die Wahrheit zu sagen? Ist es die Selbstdarstellung, die wir von uns machten, und die nun nicht zerstört werden soll? Fällt uns dann ein Zacken aus der Krone, die wir uns selbst aufsetzten? Wir alle machen doch Fehler in unseren Leben, täglich. Wenn wir zum Beispiel versuchen, einen anderen Menschen in Schutz zu nehmen, verstecken wir auch schon die Wahrheit. Aber sie kommt immer ans Licht und der Fehler wird bekannt werden, so oder so.
Um Entschuldigung bitten ist immer hilfreich, ehrlich sein und sich hinterher wohler fühlen ohne diesen Druck auf dem Herzen! Fehler zu begehen ist menschlich. Wir tun es unbewusst und das Einzige, was wir versuchen sollten zu tun, ist, eine Lektion daraus zu ziehen und dafür zu sorgen, dass er nicht noch mal passiert. Es geht darum, über das nachzudenken, was geschehen ist und ehrlich mit uns selbst und allen anderen zu sein.
Warum lügen die Menschen in ihrem Leben? Generell aus drei verschiedenen Gründen: um sich an feindliche Umgebungen anzupassen, um Strafen zu vermeiden oder um Belohnungen oder Gewinne zu erhalten. Manchmal lügen Menschen auch, wenn sie sich angegriffen fühlen, um akzeptiert zu werden. Und manchmal, um der Verantwortung für irgendeine Tat zu entgehen, oder sie lügen über bestimmte Fähigkeiten, um an einen Job zu kommen. Die Unwahrheit also, um belohnt zu werden!
Wir lügen, wenn sich unser Ego bedroht fühlt oder wenn wir einen Vorteil aus der Situation ziehen wollen. Die Lüge ist quasi ein Verteidigungsmechanismus, eine Waffe, um überleben zu können. Wichtig aber ist, dass wir zwischen den Menschen unterscheiden, die sich schuldig fühlen und Reue zeigen, und jenen, die überhaupt nichts fühlen und am Ende wirklich noch ihre eigenen Lügen glauben. Wir sollten nie vergessen, dass die Dinge, die wir verstecken und dass das, was wir nicht sagen, früh oder spät immer ans Licht kommt. Die Wahrheit findet immer einen Weg, sich selbst zu zeigen, denn die Wahrheit befriedigt unsere Seele und macht sie frei.
Die Frage »Quid est veritas«, die damals gestellt wurde, müsste umformuliert werden, damit sie korrekt ist. Denn dieses »Was ist Wahrheit?« übersieht die Tatsache, dass Vieles eine Wahrheit haben kann, aber nur Eines die Wahrheit sein kann. Sie muss also irgendwo einen Ursprung haben! Die Realität ist, dass Pilatus vor über 2000 Jahren direkt vor der ursprünglichen Wahrheit stand. Denn bevor Jesus festgenommen wurde und zu ihm gebracht wurde, machte der schon eine einfache Aussage:
»Ich bin die Wahrheit«. Das war schon bemerkenswert. Wie kann ein einfacher Mensch die Wahrheit sein? Das ist unmöglich, außer er ist mehr als ein einfacher Mensch. Jesus Behauptung wurde in dem Moment validiert, als er von den Toten auferstand! Pilatus erkannte wahrscheinlich nie die Wahrheit. Eusebius, der Historiker und Bischof von Cäsarea, hält fest, dass Pilatus letztendlich - während der Herrschaft des Kaisers Caligula - Selbstmord beging, ein wahrhaft trauriges Ende. Es ist aber deshalb auch ein Denkanstoß für alle Menschen, weil Wahrheiten, die ignoriert werden, sehr oft bittere Konsequenzen nach sich ziehen. Was also ist Wahrheit?
Ein Wort von Søren Kierkegaard zum Schluss:
Je mehr Leute es sind, die eine Sache glauben,
desto größer ist die Wahrscheinlichkeit,
dass die Ansicht falsch ist! Menschen,
die recht haben, stehen meistens allein.
27.3.23
Im Fahrstuhl
Irgendwann, irgendwo trifft es mal jeden: Er muss einen Fahrstuhl benutzen, um in die Etage des Hauses zu kommen, die seinem Ziel entspricht. Ob es nun die nächste Etage ist oder die 86. in einem Wolkenkratzer; das spielt dabei keine Rolle. Es besteht da eine Reihe von kleinen Unannehmlichkeiten, die sich manches Mal auch zu einem Debakel entwickeln können.
Da ist zunächst die Berührung! Ob sie vermeidbar ist, entscheidet die Anzahl der eingestiegenen Personen, die in die gleiche Richtung unterwegs sind. Ist sie nun nicht zu vermeiden, kommt es für jeden darauf an, wo und von wem er nicht berührt werden will. Andererseits jedoch auch das Gegenteil - wen oder was er selbst nicht berühren möchte! Diese Art von »Nichtberührung« wird nun zu einer Kunst, die einer Kunstfertigkeit nicht nur im Hinblick auf Busen oder Po bedarf, sondern auch aufrechte schlanke Menschen klar bevorzugt, was denn auch den Erfolg der Sache angeht. Das ist keineswegs immer leicht, wenn die maximale 465 kg Tragelast noch um weitere 180 kg überlastet ist. Man lässt sich nur allzu schnell verführen, sich in dieses menschliche Durcheinander noch zusätzlich hinein zu quetschen. Es gibt halt immer noch wenige Minuten Zeit, die man im Leben herausschinden kann.
Der zweite Punkt, der unwahrscheinlich wichtig sein kann, ist die Verschiedenheit der Duftstoffe, die so einen Bewegungskäfig erfüllen können. Hat man etwas Glück, sind alle Zugestiegenen noch frisch gewaschen und nicht sonderlich stark parfümiert. Kommt nun jedoch eine Duftwolke von »Eau de déchets floraux« an einem schwülwarmen Sommertag daher, so kann nur die Enge in der Fahrstuhlkabine verhindern, dass sich reihenweise Ohnmachtsanfälle nicht verwirklichen, da ein Umfallen überhaupt nicht möglich ist.
Das Kernstück der ganzen Angelegenheit sind natürlich die Augen als drittem Punkt. Wo bleiben wir jetzt damit in diesem engen Raum des Fahrstuhls, es sind ja so schrecklich wenig Möglichkeiten, wohin man da schauen kann. Man könnte den Anderen natürlich einfach anstarren. Das gehört sich natürlich nicht, also lieber lassen. Den Anderen ganz zu ignorieren, ist irgendwie auch peinlich bis arrogant, zeigt auch keine innere Souveränität.
Lächelt man nun, so sollte man nicht nur einen, sondern alle anlächeln, bevor diese anderen in eine kollektive Depression vor dem Ausstieg verfallen. Das mag man aber nicht immer, wenn beispielsweise gerade der fiese Kerl aus der Buchhaltung zugestiegen ist, den man noch nie mochte.
Schaut man nun nach unten auf den Boden, so kommt man nicht besonders weit und verstärkt insgeheim den Verdacht des Mauerblümchens. Sieht man nach oben, kommt man sich ziemlich schnell dämlich vor, weil jeder weiß, dass es außer nacktem Stahl nichts zu sehen gibt.
Im Grunde ist es schon sehr erstaunlich, dass offenbar noch niemand auf die Idee kam, ein Plakat mit ausreichend groß geschriebenen Sinnsprüchen aufzuhängen! Es wäre doch eine Ablenkung von allen schwierigen Situationen, wenn diese Sprüche von allen zur Erbauung gelesen werden könnten. Eventuell könnten auch lustige Comics für jene aufgeklebt werden, die des Lesens in modernen Zeiten nicht mehr kundig sind. An die Idee, Werbung anzubringen, möchte ich dabei überhaupt nicht denken.
Irgendwann kommt dann der Zeitpunkt, dass sich für jeden die Tür zur richtigen Etage öffnet. Glaubt mir - es sind nicht wenige Menschen, die spontan dann sehr tief durchatmen. Endlich geschafft! Man fühlt sich plötzlich frei, ohne nun zu realisieren, welchem nonverbalen und unangenehmen Stress man gerade entkommen ist …
26.3.23
Der Hexenturm
25.3.23
Die neue alte Zeit
Jedes Jahr aufs Neue die Operation »Zeitumstellung«! Ganz gleich, ob wir in Spanien leben oder in Estland unser »Zuhause« haben, immer und immer wieder müssen wir uns mit diesem Dilemma herumärgern. Dabei gibt es wirklich genug andere Themen, die uns beschäftigen sollten. Ich bin diese jährlichen Debatten so leid wie kalten Kaffee. Dieser »Dreh am Zeiger« nervt wirklich fast alle Menschen.
Dabei sollte schon längst eine Bereinigung eingetreten sein - man weiß nur noch nicht, wie. Unzählige Vorschläge und Pläne, in dem einen Land soll es »so« vonstattengehen - im anderen passt die »andere« Möglichkeit besser. Die große Frage ist, wie kommt man nun zusammen? Schuld daran ist nun wieder einmal »Mutter Erde«. Warum braucht sie 24 Stunden für einen Tag, warum dreht sie sich auch überhaupt, könnte man da nicht ansetzen und alles angleichen?
Wir können doch alles, wir fliegen bald zum Mars - aber unsere Zeit bekommen wir nicht in den Griff! Sie lässt sich auch nicht so einfach manipulieren, sie weigert sich einfach. Und das mit gutem Grund! Seit ca. 4 Milliarden Jahren gibt unser Heimatplanet die Zeit vor. Noch nie in den vergangenen Jahrtausenden wurde diese Zeitrechnung so pingelig behandelt wie in unserem Jahrhundert. Man glaubte bisher, dass man durch diese Zeitumstellungen an anderer Stelle etwas einsparen könnte! Pustekuchen! Die Relativitätstheorie würde hier schon einspringen können - nur leider verstehen die meisten Menschen diese auch nicht so recht. - Ich auch nicht!
So leben wir auch weiter mit dieser »Verzeigerung«. Warum darüber aufregen? Die Zeitumstellung im März und Oktober eines jeden Jahres ist aber vielen Menschen ein Dorn im Auge. Schon im Jahr 2018 stimmten EU-Bürger ursprünglich für das Ende der Zeitumstellung. Bis 2021 sollte dies eigentlich schon umgesetzt werden. Viel passiert ist seither allerdings nicht, weil die Länder sich nicht auf eine einheitliche Normalzeit einigen konnten - und somit ein europaweiter Flickenteppich droht. Bis es also tatsächlich zu einer Abschaffung der Zeitumstellung kommt, wird es vermutlich noch dauern.
24.3.23
Deine Gedanken
»Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheit. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden
dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.«
Es gibt wenige Menschen, die diese Aussprüche nicht kennen. Der Verfasser ist mir unbekannt. Wenn man nun diesen Text liest, wird man erst einmal nachdenklich werden - dann aber ist er auch schnell vergessen. Man stimmt dem Ganzen zu, doch beim nächsten Gedanken wird nicht auf dessen Qualität geachtet, sondern auf dessen Inhalt. Ein bisschen Ärger, und schon sind die Gedanken nicht mehr so positiv, wie wir sie eigentlich denken wollten. Unschöne Ereignisse aus der Vergangenheit, ungerechte Behandlung und ähnliche Vorkommnisse - und schon sind alle guten Vorsätze wieder im Keller gelandet.
Aus all diesen negativen Gefühlen entstehen dann sofort die nächsten markigen Wörter. Jeder kennt so manche davon, »Idiot« ist da noch der harmloseste Begriff. Ich gebe zu: manchmal tut es auch richtig gut, solche Last einmal loszuwerden. Doch wenn man jetzt alles so ungezügelt ausufern lässt, kann sich alles steigern, sodass dann aus einem Wort eine Handlung werden kann!
»Der/die wird schon sehen, was er/sie davon hat!« das ist schon fast ein Versprechen, das zu einer Gegenhandlung schreit! Und sollte die Gelegenheit sich einmal auftun, wird so manch einer auch etwas Unüberlegtes tun. Führt das dann zum Erfolg, prima! Warum nicht bei der nächsten Gelegenheit alles wiederholen, ich hatte ja Erfolg damit.
Schon sind wir nun bei der Gewohnheit. Die Gewohnheit ist das, was unseren Charakter in besonderer Weise bildet, weil es sich um Prägungen handelt, die ihrem Wesen nach auf die Zukunft ausgerichtet sind! Daraus wird nun unser Schicksal gebastelt. Früher oder später erleben wir durch unsere mitmenschlichen Relationen ein Spiegelverhalten, so unangenehm, dass wir unter Umständen überhaupt nicht mehr auf uns beziehen! Wir erkennen dann, dass wir selbst es waren, die es begünstigt haben.
Und doch könnte es so leicht sein. Sinnvolle Sprichwörter sollten wir lediglich wörtlich und ernst nehmen; in bewusster Achtsamkeit lesen und hellwach umsetzen! Alles würde sich so verwirklichen, wie wir es uns für uns selbst wünschen. Es beginnt mit den Gedanken, die wir denken.
Wenn dies jedoch nur Gedanken bleiben, kann es nicht gelingen, denn dann fällt das gedachte Kartenhaus wieder in sich zusammen und alles fängt von vorne an: als nicht zu Ende gedachte unweise Gedanken ....
23.3.23
Provokation
Somit ist selbst der Kommunikationsanspruch an das eigene Manuskript unsinnig. Es geht nur noch um hergestellte Namen und Ereignisse, manchmal auch um Beziehungen, aber weniger um Emotionen und Träumereien. Die gehören dann einfach in das Reich der Kindergeschichten. Es sei denn, man probiert seine Künste(?) an diesen aus. Dies ist jedoch oftmals fragwürdig. Ich kenne so manch ein Kinderbuch, dessen Verfasser längst die gedankliche Schwelle zur Kindheit übersprungen hat, ohne darüber nachzudenken, was Kinder eigentlich lesen wollen!
Da lobe ich mir Charles Dickens oder William Faulkner, Heinrich Böll oder Michael Ende. Da geht etwas in mir vor beim Lesen dieser Romane, da geschieht das Leben, auch wenn ich der jeweiligen Zeit fern bin. Wenn ich mir Emile Zolas »Germinal« vor Augen halte, fühle ich mich ganz winzig-klein vor der gewaltigen Schönheit dieser Worte!
Damit will ich nicht behaupten, es gäbe heute keine guten Texte, ich finde nur, sie werden nicht genug als das interpretiert, was sie wirklich sind, Darstellung des Lebens unserer Zeit, und nicht nur Fiktion. Schreiben? Gerne, wirklich gern, ich rate jedem Menschen, seine Fähigkeiten auszuleben. Aber Unsinn findet man schon genügend in unseren Gazetten!
22.3.23
San José
Im Jahre 1780 sank das spanische Schiff »San José« mit einem riesigen Goldschatz vor der kolumbianischen Küste in der Karibik. Diesen Beuteschatz hatten die spanischen Inquisitoren der Urbevölkerung in unzähligen Beutezügen geraubt. Das bei solchen Werten so mancher Streit ausgefochten wurde, bleibt eine Tatsache, die so manchem Juristen schon ein Schaudern beibrachte. Nun aber bahnt sich dort ein Zwist an, der in unserer modernen Zeit Erstaunen hervorruft.
Grund dafür ist eben dieses Schiff »San José« welches vor Cartagena in einem Gefecht mit englischen Freibeutern unterging. An Bord jenes Schiffes werden noch heute Gold und Edelsteine im Wert von mehreren Milliarden Dollar vermutet. Sollte es nun nicht jedem klar sein, wer Anspruch auf diesen Schatz hat?
Es handelt sich schließlich um die geraubte Beute von spanischen Armeen in Südamerika. Wer also anders als diese Länder hätte einen Anspruch auf diesen Schatz, der ein kulturelles Erbe Südamerikas darstellt? Doch die ehemalige Kolonialmacht Spanien, die nicht nur Südamerika ausraubte, ist da völlig anderer Meinung. Aber: Spanien beansprucht das Wrack für sich, weil es sich ja um »ein staatliches Schiff handelt!«
Die Nachfahren des Volkes, das ganze Länder brutal ausraubte, Tausende Ureinwohner des Kontinents kurzerhand abschlachtete und grausam versklavte, die heutigen Spanier, sollten eigentlich lieber den Mund halten. Schließlich erwartet man das ja auch von Deutschland, wenn z.B. das Gespräch auf den Zweiten Weltkrieg kommt.
Wenn nun die Nachfahren der Banditen jener Zeit auf ihrem Anspruch bestehen, könnte auch ein modernes salomonisches Urteil infrage kommen: Das Schiff dürfen die ehemaligen Kolonialherrschaften ruhig beanspruchen, sie können es auch auf eigene Kosten bergen, kein Problem. Die geraubte Ladung gehört jedoch ihnen auf keinen Fall!
Die ehemalige Kolonialmacht sollte eigentlich dem Herrgott dankbar sein, dass sie keine Reparationen für das damals angerichtete Leid zahlen muss. Angebracht wäre es schon. Schließlich führte das spanische Königreich einen Angriffskrieg gegen unschuldige Länder, zwang den Einwohnern ihren Glauben und ihre Sprache auf. Sie plünderte die Länder so nachhaltig, das sie noch bis zum heutigen Tage darunter leiden. Es ist heute fast nicht anders ...
Wozu da noch diskutieren? Kolumbien möchte dieses wiedergefundene Kulturerbe in einem Museum ausstellen! Eigentlich wäre es nur gerecht, wenn sich die ehemalige Kolonialmacht an den Kosten dieses Museums beteiligen würde. Aber lieber erheben sie einen lächerlichen Anspruch auf die »verlorene und nun wiedergefundene Kriegsbeute«!
Ist es denn so, dass heutzutage ein Dieb, der auf der Flucht einen Unfall hat, noch Jahre später die Herausgabe seiner Beute verlangen dürfte? Steht hier die Weltordnung nicht auf dem Kopf?
21.3.23
Der Zug
Ich habe einen Zug gesehen! Wirklich, vor Überraschung musste ich zuerst einmal meine Nerven beruhigen. Ein blitzsauberer Zug, hübsch braun und ockerfarben. Und das Wichtigste: Er fuhr immer noch auf Schienen! Ich wähnte mich schon auf dem digitalen Gleis des Neuronalen Verkehrsnetzes - aber nein, der Zug raste ganz altertümlich ohne jede Digitalisierung wie zu früheren Zeiten auf echten Schienen an mir vorbei. Man stelle sich das nur vor! Die allgemein übliche prozessgesteuerte Projektierung schien hier noch nicht angelangt zu sein; vielleicht war es ein Überbleibsel aus einer Zeit, die ihre Erfindungen noch hausgemacht auf dem internen Marktplatz offenbarte?
Den Kohlenrauch der Lokomotive roch ich schon vorher. Diese Loks der alten Baureihe »50«! Mannomann, das hat mich richtig aufgewühlt, die Wagen aus Großmutters Zeit waren ein anderes Kaliber als die modernen Großraumwagenkathedralen, wie man sie heute sieht. Jedes dieser blitzsauberen Häuschen auf Rädern hatte einen eigenem Balkon - vorn und auch hinten. Sogar kleine braune Gardinchen waren an den Fenstern angebracht, man glaubt es kaum.
Die Person, die ich auf dem niedrigen Schotter-Bahnsteig bemerkte, war ein richtiger schnurrbärtiger Onkel, der seine blaue Uniform mit der leuchtend roten Mütze stolz der zuschauenden Menge präsentierte. Die kleine Signalpfeife trug er wie einen Verdienstorden an einer Kordel um den Hals. Sie zeichnete ihn aus als einen Mann, der die Macht hatte, den Zug starten zu lassen! Seine Majestät Wilhelm II. hätte seine wahre Freude an diesem wahren Staatsdiener gehabt, denke ich.
Ja - und dann kam dieser Zug herangeschlichen! Sechs Waggons, einer so schön herausgeputzt wie der andere. Mit lautem Zischen und Prusten und unter Volldampf hielt die Lokomotive an dem Schild mit dem großen »H«. Eine blitzblanke Maschine; rote Räder, die mit einer Pleuelstange verbunden, dem Zug seinen Antrieb verschafften. Ein wahres Meisterwerk deutscher Maschinenbaukunst, da konnte es keinen Zweifel an der Wertarbeit geben!
Ich wollte nun den Lokführer fragen, woher dieser anspruchsvolle Zug kam - dazu kam es nicht mehr. Ich erwachte schweißgebadet, der schöne neue alte Zug verschwand irgendwo in den Wolken des frühen Morgens ...
20.3.23
Es gibt keine Abenteuer mehr
Ich muss mich dem Leben, dem Unbekannten öffnen, muss bereit sein, auch Schmerzen des Lebens zu ertragen, Schmerzen und Trauer, die ich nicht hätte, wenn ich hinter dem Ofen sitzen bliebe. Ich darf auch vor Enttäuschungen nicht zurückschrecken.
Irgendwann findet Dich das Leben nicht mehr. Und dann ist es zu spät...
19.3.23
Spieltrieb mal anders
Ich überlege noch. Soll ich es wagen? Bis hierher habe ich es geschafft, warum nicht noch weiter? Der Sprung über den breiten Graben war sehr anstrengend, doch immerhin hab ich es gut geschafft. Caroline, meine Nachbarin guckte verwundert und sagte überrascht »Wow«. Ich fasste es als Anerkennung auf, bisher hatte es noch niemand aus meiner Gruppe erreicht - trotz mehrerer Versuche, ich bin die Erste, der das Wagnis gelungen ist! Darauf bin ich stolz!
Na gut, Stolz ist nichts, das für mich irgendeinen Sinn ergibt, er hat nur den Zweck, zu wissen, dass ich etwas kann! Jetzt zum Beispiel möchte ich auf die Schaukel, das wäre etwas Neues in meinem jungen Leben. Aber wie stelle ich das an? Es ist auch kein Kind hier, das mich dabei unterstützt.
»Da steh' ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!«
Das sagte einst der große Goethe. Und? Was hilft mir solch ein Zitat? Wie kommt ein vierbeiniges Geschöpf hinauf auf eine Schaukel, ohne dass es sich alle vier Füße bricht?
Was sehe ich da? Da steht doch jemand hinter der Gardine und fotografiert meine Hilflosigkeit! Ist das fair? Ich möchte den mal sehen, wenn er im Stall angekettet steht und wartet - auf was auch immer.
Neee, liebe Freunde, ich werde mich jetzt vom Acker machen, sonst holen die noch den Schlachter. Und den - glaubt mir das - hasse ich von ganzem Herzen. Ich wollte doch nur ein bisschen Spaß. man gönnt mir auch gar nix ...
18.3.23
Was kann man tun?
Rheinmetall ist der größte Rüstungskonzern und Waffen-Exporteur in Deutschland. So ein Krieg zahlt sich immer besonders aus. Nicht nur bei uns, überall auf der Welt werden Waffen benötigt, um Brüdern und Schwestern, Freunden und Gegnern zu zeigen, das man alles tut, um immer »Oben« zu sein! Nach Rekordgewinn bei Rheinmetall erhöhen sich hier Dividende und Wachstumsziel immens - der bittere moralische Beigeschmack hält sich in Grenzen.
Nach dem Ende des Kalten Krieges mussten sich die Rüstungskonzerne lange Zeit daran gewöhnen, Buhmänner zu sein. Keine Demo, die sie nicht als Kriegsgewinnler geschmäht hätte, weil sie Waffen in Krisenregionen lieferten. Dann kam der Überfall Russlands auf die Ukraine - und plötzlich ist das Geschäft mit Waffen und Munition wieder gesellschaftsfähig!
Am Krieg verdienen - ist das neu? Sicher nicht, doch heute in der Zeit der Widersprüche fällt es eher auf. In alten Zeiten jedoch dachte man eher konservativ, »wir machen es schon richtig für unser Vaterland«, so war doch der Slogan der nationalen Regierungen aller Staaten. Es ist klar: Im Dienst der guten Sache, der Verteidigung der Ukraine, westlicher Werte und Europas Sicherheitsordnung hat das heute kaum noch etwas Ehrenrühriges. Sogar die Grünen, einst als Pazifisten angetreten, müssen heute der Ansicht sein, dass Waffen Leben retten. Können also Anleger mit gutem Gewissen in Rüstungsaktien investieren?
Je länger nun der Abnutzungskrieg im Osten dauert, umso mehr kommt der Rüstungswirtschaft eine Schlüsselrolle zu. Denn die Ukraine braucht Nachschub an schweren Waffen und Munition. Letztlich wird die Leistungskraft der Industrie über den Ausgang des Krieges mitentscheiden. Und wenn dieser Krieg endlich einmal endet - irgendwo wartet schon das nächste Drama mit zweitem und drittem Akt! Traurig, nicht wahr? Aber kann ich gleichzeitig trauern um die Toten in der Ukraine und anderswo, wenn meine Aktien gerade ungeahnte Höhen erreichen?
Im Falle eines ukrainischen Sieges wäre man als Anleger dann wohl auf der moralisch sicheren Seite. Oder täusche ich mich da? Wann ist Profit aus Waffengeschäften moralisch gut, wann ist er schlecht? Diese Frage muss nun jeder Anleger für sich selbst beantworten.
Eines ist sicher: So ganz gratis ist ein reines Gewissen auf keinen Fall zu haben.
17.3.23
Zwei Tyrannen
oft noch in der Vergangenheit!
Lass doch die Hoffnung blühen,
die Trauer weiterziehn,
hierbei hilft dir die ZEIT.
dass dein Leben weitergeht.
16.3.23
Tod und Ehre?
Es ist jetzt 70 Jahre her - doch ich kann es nicht vergessen ...
Vier große Kerzen werfen ihr spärliches, flackerndes Licht in die Trauerkapelle des Friedhofs. Vier Särge stehen in Reih und Glied, wie bei der Anfahrt zum Schacht, auf jedem dieser allerletzten Schreine inmitten von Blumenschmuck steht eine alte Grubenlampe und zeigt den vielen Trauernden, wer hier die letzte Reise antritt. Dann hören die Anwesenden eine Reihe von Ansprachen, zwei Pfarrer halten ihre kurze Predigt, ein Sekretär der Gewerkschaft spricht von Treue und Verantwortung; der Betriebsführer lobte die Arbeitsleistung seiner ›abgekehrten‹ Kumpel! Es ist fast ein Zuviel an einfältigem Lob, das hier ausgeschüttet wird - es kostet ja nichts!
Die Hinterbliebenen und alle anderen Gäste erheben sich mit versteinerten Gesichtern, als wir Bergleute in den schwarzen Uniformen der Knappen die Särge aufnehmen und uns dann langsam zum Ausgang begeben. Ab und zu hört man ein leises Weinen, durch die Töne der Orgel gemildert. Wer kann in diesem Augenblick unberührt zur Tagesordnung übergehen?
Mats, der fabelhafte Holländer kann es nicht mehr genießen, dieses Glück. Icke, der immer freundliche Kobold aus Berlin kann uns nicht mehr mit seinen Witzen langweilen. Toni aus Kempten im Allgäu, der stets von seiner Stadt schwärmte, darf seine Familie nun nicht mehr ins Ruhrgebiet nachholen. Sie sollten doch im Herbst ihre neue Zechenwohnung beziehen. Er hatte sich schon so darauf gefreut!
Ich versuche es immer wieder, aber ich kann meine Tränen nicht zurückhalten. Doch es ist nichts, wofür ich mich schämen muss! Ich versuche, einen Blick auf Josef, meinen Freund, zu werfen. Der Sarg, mit einer schwarzen Fahne mit Hammer und Schlägel bestickt, verhindert es.
Dann nach einer knappen Stunde ist alles vorüber. Meine Kumpel haben alles hinter sich gelassen, die Hinterbliebenen bleiben mit ihrem Schmerz allein. Die Trauergäste verlassen den Ort der Vergangenheit, alle schönen Worte werden übermorgen vergessen sein und jeder wird dann wieder dem Tagesablauf des eigenen Lebens folgen. Einem Leben, das innerhalb von Sekunden vorbei sein kann und von dem dann nur ein »Glück auf, der Steiger kommt« übrigbleibt!
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Es machte mich damals, den jungen Bergmann, sehr nachdenklich. Musste ich mich diesem Schicksal beugen? Klar, ein Risiko besteht halt überall im Leben, aber muss man es herausfordern? Diese Entscheidung konnte ich ohne Bedenken fällen: »Nein!«