7.5.24

8.Mai 1945 und die weiteren Tage

 


 










Flüchtlinge - Elend und Verzweiflung unserer Zeiten! Zu allen Zeiten wurden die Menschen durch Ereignisse wie Krieg, Hungersnöte oder Wetterkatastrophen aus ihrer Heimat, ihrem angestammten Wohnsitz vertrieben. Das war schon in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges so. und später in den zahllosen Kriegen, die diese Menschheit über sich selbst brachte.

       So war es auch zu jener Zeit, 1945, als die grösste Katastrophe unseres Landes beendet werden konnte. Wenige Wochen vorher wurden noch Tausende von Zivilisten durch anglo-amerikanische Fliegerangriffe getötet! Es ist keine Erfindung der Neuzeit!
Ich erinnere mich an diese Zeit vor genau 79 Jahren so, als wäre es gestern gewesen!

Vergessen lassen solche dramatischen Zustände sich wahrscheinlich niemals. Damals strömten 14 Millionen »Rucksackdeutsche, Polacken und verlaustes Gesindel« aus den abgetrennten deutschen Gebieten in den Rest des Landes. Diese Menschen wurden im Westen zwar aufgenommen, aber niemals wirklich willkommen geheissen. Viele hätten sie am liebsten sofort zurückgeschickt.

       Im Jahr 1945 mussten auch wir unsere Heimat verlassen, nicht aus freien Stücken, und nur mit dem Nötigsten im Gepäck. Meine kleine Familie hatte nur das, was sie am Leib trug, dazu drei Löffel, ein Handtuch und ein Stück Seife. Das war der bescheidene Beginn eines neuen Lebens, das heute oft als "Neuanfang" bezeichnet wird.

      Leider herrscht immer noch weitgehende Unkenntnis über die Bedeutung und das Ausmass dessen, was sich nach 1945 ereignet hat. Es fehlt auch das Bewusstsein dafür, welchen Platz diese Erfahrungen in unserem kollektiven Gedächtnis einnehmen sollten.       Man fragt sich manchmal, wo die Erlebnisse der Menschen von damals geblieben sind. Finden sie Eingang in Schulbücher? Vielleicht in Romanen, geschrieben von Menschen, die die damaligen Dramen nur vom Hörensagen kennen? Doch all das kann nur eine oberflächliche Darstellung dessen sein, was damals wirklich geschah. Ignoranz und Feindseligkeit waren nur ein Teil des Leids, dem die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge damals ausgesetzt waren. Woher kam diese Ablehnung?

   Die Gesellschaft der Nachkriegszeit war eine »Zusammenbruchgesellschaft«. Das Einzige, was die Menschen einte, war die Erfahrung einer totalen Niederlage. Die Bereitschaft, denen zu helfen, denen es noch schlechter ging, war daher sehr gering. Nicht zu vergessen, dass zwölf Jahre Nazi-Propaganda ihre Spuren hinterlassen hatten. Die Menschen waren immer wieder mit dem Negativbild des »slawischen Untermenschen« aus dem Osten konfrontiert worden.

    Diese Vorstellungen verschwanden ja nicht einfach nach Kriegsende! Im Jahr 1946 äusserte der Landrat von Flensburg: »Der Niederdeutsche sei gegen die Mulattenzucht, die der Ostpreusse nun einmal im Völkergemisch betrieben hat.«

       Es ist offensichtlich, dass die Flüchtlinge auch nach dem Zweiten Weltkrieg Opfer der Naziideologie wurden. Es herrschte zweifellos ein handfester Rassismus! Die Aufnahme der Flüchtlinge verlief nirgendwo reibungslos, selbst wenn es sich um Deutsche handelte. Für die Einheimischen fühlte es sich gefühlsmässig wirklich anders an.

       Die Flüchtlinge und Vertriebenen kamen oft aus Lagern, hatten Gewalt erlebt und waren in einem erbärmlichen Zustand, als sie ankamen. Damit entsprachen sie vielfach dem Klischee, das der einheimischen Bevölkerung früher vermittelt worden war. Fremdenfeindlichkeit war definitiv vorhanden.

     Erinnert uns das nicht an viele Ereignisse jüngerer Vergangenheit? Zum Beispiel ein Herr Fischbacher, Mitbegründer der Bayern-Partei, der Ostermontag 1947 in Traunstein erklärte: »Flüchtlinge müssen hinausgeworfen werden, und die Bauern müssen dabei tatkräftig mithelfen.« Er bezeichnete es als »Blutschande«, wenn ein »Bauernsohn eine norddeutsche Blondine heiratet«!

     Solche hässlichen Äusserungen fanden sich auch in der Redaktion des »Spiegels«, dessen erste Ausgabe gerade erschienen war. Leider blieb diese Hassrede kein Einzelfall. Landtagspräsident Michael Horlacher, Mitbegründer der CSU, betonte, dass Bayern den Bayern gehören müsse. Andreas Schachner von der Bayernpartei beschwerte sich darüber, dass sich so viele Fremde an den bayerischen Futterkrippen bedienten, »dass Pogrome nötig wären, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen«.

       Es mag so aussehen, als würde ich hier nur negative Beispiele anführen wollen, aber mein Ziel ist es, zu verdeutlichen, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht nur ein Phänomen unserer Zeit sind, sondern schon immer präsent waren. Unsere »Geschwister« aus den neuen Bundesländern wissen davon ein Lied zu singen. Zum Glück ist es heute nicht mehr so offensichtlich wie 1945, als Schilder mit der Aufschrift »Flüchtlinge unerwünscht« an den Strassen standen.

Es ist nun mal so: »Willkommen« gilt immer nur für eine relativ kurze Zeit, dann schlägt die Stimmung oft genau in die entgegengesetzte Richtung um.

 

2 Kommentare:

  1. wenn ich dann - wie gestern Abend spät noch die Talk-Show von Lanz schaue sehe ich in manch Gesichtern genau die gleiche selbstgerecht überzeugte Einstellung wie sie es damals 45 gab. Da bleibt einem glatt die Luft im Hals stecken...

    " willkommen" - ist - in diesem Zusammenhang nur ein Wort..der Krieg wird weiter gehen...
    angel

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    1. Ich habe genau diese Einstellung gesehen, die ich zum K... finde! Was muss geschehen, soll noch geschehen, damt die Menschheit klug wird?
      Man kann nur unablässig den Kopf schütteln - doch ändern wird sich nie etwas! Diese Einstellung kenne ich, seit ich 10 Jahre alt war ...
      Dich aber grüße ich vielmals, liebes Engelchen,
      Horst

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[B]Danke, bis bald [b/]

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